und wie er uns das Loslassen lehrt  

Jedes Jahr, wenn die ersten Kraniche Richtung Süden ziehen, werde ich  wehmütig. Nun heißt es, Abschied nehmen. Von der Wärme, den langen Tagen und der Farbenpracht des Sommers. Der Flug der Kraniche erinnert mich an die vielen Abschiede, die ich im Leben schon genommen habe.
Den Abschied von der unbeschwerten Kindheit, der ersten großen Liebe, der Schul- und Unizeit. Den Abschied von Gewohnheiten, vom Elternhaus, von liebgewonnenen Menschen.
Ich schaue den Kranichen nach. Und je weiter sie am Himmel ziehen, umso leichter wird mir ums Herz. Denn in jedem Abschied liegt auch eine Chance. Die Chance, das Loslassen zu üben. Die Kindheit ist vorbei. Und es ist schön, mein Leben als erwachsene Frau selbst zu gestalten und Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen. Der ersten großen Liebe folgte eine neue, die geblieben ist. Und auch ohne Schule und Uni können wir stets weiter lernen und wachsen.
Gewohnheiten abzulegen, die nicht guttun, das Elternhaus zu verlassen und eigenen Kindern ein zu Hause zu geben, Menschen ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten und sie irgendwann loszulassen, das ist der Lauf der Dinge. Der Fluss des Lebens. Sich ihm hinzugeben, zu vertrauen, schenkt Ruhe und Frieden. Und die Gewissheit breitet sich aus, dass die Kraniche im nächsten Frühjahr wiederkommen.