und wie sie uns sehen lehrt

Ein Spaziergang durch den dunklen Wald ist immer wieder ein besonderes Erlebnis für mich. Ich spüre mich mehr als im hell erleuchteten Wohnzimmer. Alle Sinne sind geschärft.  Urinstinkte erwachen.  
Das Dunkel im Außen lädt mich ein, auch einen Blick in die verborgenen Tiefen meines Inneren zu werfen. Was sind meine Ängste? Welche Seiten an mir mag ich nicht? Was verdränge ich gerne? Möchte es nicht anschauen, weil es mir Unbehagen bereitet? Indem ich diese Fragen formuliere, meine Themen ans Licht hole und mich ihnen stelle, verlieren sie etwas von ihrem Schrecken. Scheinen nicht mehr unlösbar und bedrohlich. Ich nehme mir vor, ihnen einen Platz in meinem Leben zu geben. An ihnen zu arbeiten und zu wachsen. Die Dunkelheit in meinem Inneren löst sich auf.
Und irgendwann merke ich, dass auch das Dunkel draußen gar nicht mehr so dunkel wirkt. Der grau verhangene Himmel hebt sich deutlich von den schwarzen Baumsilhouetten ab. Da, wo die Wolkendecke etwas lockerer ist, ist das Grau heller. Ab und zu blitzt ein Stern durch, den ich eben noch nicht gesehen habe. Plötzlich sehe ich, wie schön Dunkelheit sein kann. Wie viele Farben und Nuancen sie hat.
An diesem Abend hat die Dunkelheit mich sehen gelehrt.