Wenn Nebel die Welt einhüllt, verschwimmen Silhouetten, verblassen Farben und lösen sich Hinter- und Vordergrund auf. Der Nebel verbirgt vieles und zeigt, was das Auge sonst nicht sieht. Sonnenstrahlen, Spinnweben, Blatthärchen. Im Gegensatz zu Wolken schwebt Nebel nahe am Boden oder steigt von unten nach oben. Seine Symbolkraft wird nicht mit dem Himmel, sondern mit dem Irdischen oder dem „Außerweltlichen“ in Zusammenhang gebracht. Im Nebel schafft die Welt Platz für Mehrdeutigkeit und Verträumtheit. Die australische Dichterin und Kinderbuchautorin Nan Hunt bezeichnete Nebel als „ein Mumientuch von blassem Weiß / an Wiederauferstehung gemahnend“. Im diffusen Licht des Nichts sind wir auf uns gestellt und werden durchlässig und empfänglich, auch für das, was sich nicht (be)greifen, sehen oder in Worte fassen lässt. Eine tiefe Ahnung tut sich auf, dass es mehr gibt, als das Jetzt und Hier und dass dies eine Quelle der Kraft sein kann, aus der wir trinken und an der wir uns stärken können. Ich mag den Nebel und gehe dann gerne nach draußen. In seiner mystischen Atmosphäre entstand eines meiner Lieblingsbilder – der „Nebelwald“. Im Vordergrund sehen wir dunkle karge Fichtenstämme mit kleinen verzweigten Ästen. Nach hinten hin verschwimmt der Wald im Nebeldunst und lässt die Welt nur noch erahnen. Dem Schwarz und Grau des fast wie eine Schwarz-Weiß-Fotografie anmutenden Bildes habe ich links unten und rechts oben mit gelb-türkis-grünen Pinselstrichen aus Acrylfarbe Farbakzente entgegengesetzt. Die Farben von Sonne, Himmel und Blattgrün, die sich wieder zeigen werden, wenn der Nebel vorübergezogen ist. Die horizontalen Striche bilden einen wirkungsvollen Kontrast zu den senkrechten Baumriesen und rahmen das Bild am oberen und unteren Ende ein, womit sie dem Nebel in der Mitte noch mehr Raum geben, sich zu entfalten. Alles ist da, auch wenn wir es im Moment nicht sehen. So, wie auch in uns selbst alles da ist, was wir für ein glückliches Leben brauchen. Der Nebel kann eine Chance sein, uns selbst näher zu kommen, und die Schätze zu bergen, die (noch) im Verborgenen liegen.
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